Diagnostik

Um die individuelle Fehlstellung vermessen zu können, ist die Anfertigung von diagnostischen Unterlagen der erste Schritt in Richtung kieferorthopädischer Behandlung. Diese bestehen aus einer Abformung des Ober-und Unterkiefers, Fotografien des Gesichts und 2 Röntgenaufnahmen.

Für die Analyse der Kiefer- und Zahnfehlstellung und die Planung der Behandlungsschritte sind Modelle von Ober- und Unterkiefer sehr wichtig. Sie werden vor jeder Therapie angefertigt. Während der Behandlung dient meist ein zusätzliches Kiefermodell zur Kontrolle der Fortschritte und Überprüfung des Therapieplans. Nach Abschluss der Behandlung wird das Ergebnis mit einem weiteren Modell dokumentiert.

Modellherstellung

Um ein Modell von Ober- und Unterkiefer erstellen zu können, werden zunächst mit einer Abformmasse (Alginat) zwei Abdrücke genommen. Die beiden Abdrücke von Ober- und Unterkiefer werden im Labor mit Gips ausgegossen und dreidimensional getrimmt, also in der richtigen Lagebeziehung zueinander beschliffen.

Das wird an den Modellen gemessen

An dem Gipsmodell können Zähne und Kiefer dreidimensional vermessen werden. Das ist eine wichtige Ergänzung zu den zweidimensionalen Röntgenbildern. Die Front- und Seitenzähne werden dabei getrennt voneinander untersucht. Die Messungen werden in Millimetern notiert. Zum Vergleich dienen statistische Normalwerte.

Wichtig sind folgende Messwerte:

  • Wie lang und breit sind die Kieferbögen?
  • Wie breit sind die Zähne?
  • Wo und wie beißen die Zähne aufeinander?
  • Wie ist das Verhältnis von Zahngröße zur Kiefergröße? Liegt zum Beispiel ein Platzmangel vor?
  • Sind einzelne Zähne aus dem Zahnbogen verschoben?
  • Gibt es Asymmetrien, z. B. der beiden Kiefer zueinander? Weicht die Mittellinie ab? Das ist die Linie zwischen den mittleren Schneidezähnen im Ober- und im Unterkiefer.

Die Fotoanalyse ist wichtig, um die Auswirkungen der Fehlstellung auf das Aussehen der Zahnreihen und des Gesichts zu beurteilen. Sie dient außerdem dazu, ästhetische Aspekte in die Therapieplanung einzubeziehen.

Die Fotoanalyse wird vor Beginn und nach Abschluss der kieferorthopädischen Therapie durchgeführt. Während der Behandlung werden ebenfalls Fotos aufgenommen, um die Fortschritte zu überprüfen und den Therapieplan gegebenenfalls anzupassen.

In den meisten Fällen werden folgende Fotos angefertigt:

Extraorale Fotos

Das sind Aufnahmen des Gesichts von außen:

  • Aufnahmen von vorne mit ernstem Gesicht
  • Profilaufnahmen von der Seite
  • Aufnahmen von vorne, während der Patient lächelt

Die ersten beiden Aufnahmen dienen dazu, den Zusammenhang zwischen der Fehlstellung und den Gesichtskonturen zu erfassen: Auf der Aufnahme mit ernstem Gesicht ist zu sehen, ob das Gesicht symmetrisch ist. Auf der Profilaufnahme ist zu erkennen, wie sich beispielsweise eine Kieferfehlstellung auf das Gesichtsprofil auswirkt.

Die Aufnahme, bei der der Patient lächelt, wird gemacht, um Auswirkungen der Therapie auf das Lächeln zu berücksichtigen. Dabei wird besonders auf zwei Details geachtet:

Die Lachlinie

Die Lachlinie beschreibt den Schwung der Frontzähne im Verhältnis zum Bogen der Unterlippe. Bei einem als besonders ästhetisch empfundenen Lächeln verläuft der Bogen der Frontzähne nach außen gewölbt und ungefähr parallel zur Unterlippe. Die Berücksichtigung der Lachlinie ist wichtig bei der Planung der Korrektur der Schneidezähne.

Bukkalkorridor

Der Bukkalkorridor ist der Bereich zwischen Wange und Seitenzähnen. Beim Lächeln ist er als Schattenzone (dunkler Bereich) sichtbar. Ist er zu klein, sehen die Zähne zu groß aus.

Der Bukkalkorridor ermöglicht Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen Zahnbogen und Gesichtsbreite. Er wird bei der Planung der kieferorthopädischen Therapie berücksichtigt.

Um die individuelle Fehlstellung vermessen zu können, sind Röntgenaufnahmen notwendig:

  • eine Panoramaschichtaufnahme der gesamten Zähne im Ober- und Unterkiefer
  • ein Fernröntgenseitenbild, eine Aufnahme der Zähne und Kiefer von der Seite
  • bei Jugendlichen gelegentlich eine Handwurzelaufnahme, um das Wachstumsende abschätzen zu können

Wenn Ihr Zahnarzt vor kurzem bereits Röntgenbilder aufgenommen hat, sollten Sie diese gegebenenfalls in Kopie mitbringen. Sie können teilweise verwendet und Doppelaufnahmen somit vermieden werden.

 

OPG (Orthopantomogramm)

ist eine Übersichtsaufnahme der Zähne und der Kiefer.

Auf diesem Röntgenbild lässt sich erkennen:

  • ob einer oder mehrere Zähne nicht angelegt sind und im bleibenden Gebiss fehlen werden
  • wie die Zähne geformt sind
  • wie die Zahnwurzeln im Kiefer liegen
  • ob Weisheitszähne vorhanden sind und ob sie eventuell später entfernt werden sollten
  • ob in der Mundhöhle noch fehlende Zähne möglicherweise im Knochen verblieben sind (retinierte Zähne), sie aber z. B. nicht herauswachsen, weil im Kiefer zu wenig Platz ist
  • ob noch nicht herausgewachsene Zähne schief im Kiefer liegen (verlagerte Zähne)

Bei Kindern und Jugendlichen sind außerdem schon die sich entwickelnden Zähne im Kiefer sichtbar (die so genannten Zahnkeime). Und es ist zu sehen, wie weit die Zahnwurzeln der bleibenden Zähne bereits gewachsen sind.

FRS (Fernröntgenseitenbild)

ist eine Röntgenprofilaufnahme des Kopfes. Auf ihr sind alle knöchernen Strukturen von Kopf und Hals sowie die Umrisse des Gesichts zu sehen.


Zu erkennen sind unter anderem:

  • der Neigungswinkel der Zähne zum Kiefer
  • das Gesicht im Profil
  • die Lage von Ober- und Unterkiefer zueinander und zum Schädel

Auswertung des FRS

Zur Auswertung werden die abgebildeten Strukturen auf dem Röntgenbild vermessen und mit Werten einer normalen bzw. idealen Kiefer- und Zahnposition verglichen. Dafür werden bestimmte Verhältnis-Kennziffern verwendet. Die Stellung der Zähne sowie die Lage der Kiefer zueinander und zum Gesichtsschädel werden auf diese Weise exakt analysiert. Bei Kindern kann außerdem abgeschätzt werden, wie das weitere Gesichtswachstum voraussichtlich verlaufen wird und wie sich Gebiss und Zähne entwickeln werden.

HWA (Handwurzelaufnahme)

Reichen die Anhaltspunkte nicht aus, um das Ende des Wachstums zu bestimmen, wird zusätzlich ein Röntgenbild der Handwurzel erstellt. Anhand dieser Aufnahme beurteilen wir  den Verknöcherungsgrad der Gelenkfugen der Hand. Der Verknöcherungsgrad gibt Aufschluss darüber, wann das Wachstum der Hand abgeschlossen sein wird. Da sich alle Knochen im Körper ähnlich entwickeln, lässt sich so relativ genau bestimmen, zu welchem Zeitpunkt der Kiefer bzw. der gesamte Körper ausgewachsen ist.

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